Bereich/Lounge
Ist Ihnen auch schon mal aufgefallen, dass unsere Welt zunehmend in wichtige und exklusive „Bereiche“ unterteilt wird? Da gibt es den Empfangsbereich, den Moderationsbereich, den Arbeitsbereich, den Erfrischungsbereich, den Loungebereich, den Nassbereich, den Verzehrbereich, den Kommunikationsbereich …
Toll!
Und es wertet so auf, wenn das Scheißhaus ;-) jetzt so führnehm „Nassbereich“ heißt. Das auf dem Boden fest getretene, nasse Kackband ist aber dennoch immer noch dasselbe. Und der kunstvoll verschnörkelte Edding-Schriftzug „FUCK“ ebenfalls. Trotz Kugelschreiberkrakeln auf der „Pflegepersonal-Liste“. Neulich sah ich sogar ein schlecht laminiertes und mit Würzsoße besprenkeltes Schild im Zeltvorbau eines verlebt wirkenden Imbisswagens: „Verzehr-Bereich“. Wäre ich ja nun nie drauf gekommen! Ein runder und wackeliger Camping-Stehtisch mit so ungepflegter wie schief aufgelegter Gummidecke, Zahnstochern im Schnapsglas, einem depressiven Kunstblumengesteck und Millionen von Krümeln. Man hätte es eigentlich auch gleich „Lounge“ nennen können. Das Dekor hatte ja nun immerhin echten Chic.
Überhaupt, das ganze „gelounge“ überall geht mir auch mächtig auf die Nerven. Früher hieß das mal schlicht „Raum“. Ist übrigens noch nicht lange her, das kurz nebenbei. Und nur weil ein geschmackloses, nihilistisches oder aufdringliches Interieur ins Auge sticht, macht das doch aus einem Raum nicht plötzlich eine exklusive „Lounge“ …? Das ist es nämlich, was dieses neuzeitliche Blähwort auszudrücken versucht: Es ist hier so wahnsinnig exklusiv! Darum fehlten auch schlicht die Worte und ein neues musste her: Lounge. Naja, was rege ich mich auf, ich kann es ja eh’ nicht ändern ...
Ich gehe jetzt, nach einem Schwenk über die Keramik-Lounge, in meinen Delikatessenbereich und werde mir in der Espresso-Lounge
einen Café zapfen. Diesen werde ich dann im Wohn-/Entspannungsbereich huldvoll schlürfen. Dabei stehe ich immer in der Panorama-Lounge und schaue auf die Sankt-Veit-Straße herunter.
Wau.