Versext nochmal ...

Fällt Ihnen eigentlich auch auf, wie immer versexter unsere Welt wird?!

Das geht ja nun schon seit vielen Jahren so, dass man SEX als eines der vier werbewirksamsten Worte auf der Welt enttarnt hat (merke: "Sex sells!") Möglicherweise berührt dieser Tatbestand den kleinsten, gemeinsamen Nenner, weil jeder kapiert was wo rein muss und worum es dabei eigentlich mal gegangen war. Worum es dabei heute geht, ist zumindest mir nicht mehr ganz klar ...

Durchgehend plastinierte, vollkommen alters- und porenlose Frauenbilder prangen heutzutage mit steifen, glänzend geöffneten Lippen und steifen G-Cups unter steifen Lash-Extensions mit steifen Plastiknägeln und dem mittlerweile auf wirklich schon fast auf allen Produkten allgegenwärtigen "Mein-Gott-bin-ich-schon-wieder-geil!"-Blick auf vielen Angeboten. Wen genau haben die denn damit eigentlich im vor Wolllust so verschleierten Blick ...?!

 

Es wirkt auf mich zum Beispiel überhaupt nicht erotisierend, wenn ein ca. 12-jähriges Modell (mit Make-up auf 17 getrimmt), fast den Fellatio mit einer vor ihren aufgestülpten Lippen (von einem Handmodell hochgestemmten) Parfümflasche macht ...

Und es törnt mich auch nicht an, wenn das blutrote Bustier einer plastinierten Frau mit wehendem Haar (möglicherweise eine Prostituierte im Windkanal) auf der Fernsehzeitung fast zu Platzen droht, wenn sie mal niesen sollte.

 

"Früher" gab es zum Beispiel noch eine unendliche Fülle nicht-sexualisierter Produkte. Dazu gehörten auch Weichspüler. Man sah da in Zeitlupe einen süßen Teddy auf einen hohen Stapel unglaublich flauschig-federnder Handtücher fallen, während im Hintergrund die Elfen zirpten: "Lavendel ... Oleander ... Jaaasmiiiiin ... Värrrnälllll!!!" Entzückend und vollkommen rein.

Heute: Eine aufgebrezelte Zimtzicke schleift mit verheißungsvollem "Oh-man-ich-werd-schon-wieder-ganz-feucht!"-Blick einen mit wertvollen ätherischen Ölen getränkten Seidenschal über ihre bronzig leuchtende, porenlose Haut. Rrrrrrrrr!!!

 

Und nicht mal Hausfrau’s Liebling, der gute alte Hartweizengries (hierzulande besser bekannt als „Nudel“), kommt heutzutage noch ohne Sexualisierung aus. Ein „Pasta-Heimliefer-Service“ in München wirbt auf Blutrot mit sexy Sprüchen wie: „Isch bin Dir Farfalle!“ oder "Heute wirst Du flachbelegt!" und „Isch will mit Dir Penne!“ oder "Mach Disch knackich!" Obwohl ich mich der darin innewohnenden Kreativität nicht ganz verschließen kann, geht mir dieser „Sex-Input“ auch schon wieder mächtig auf die Nerven. Kann denn eine simple Nudel nicht bitte einfach eine Nudel, ein Grundnahrunsmittel, eine Stärkebeilage sein?! Muss man sie denn gleich zu einem Sex-Pusher degradieren, so dass zufällig Lesende annehmen müssen, „Pasta“ sei eine perfide neue Erfindung aus Flensburgs Erwachsenen-Spielzeugschmiede …?

Was wird uns dann wohl als nächste Geschmacklosigkeit erwarten? Vielleicht: „Isch will Disch durchnudeln!“ oder „Meine Nudel ist für Disch heiß und al dente!“ …?

Und es macht mich eher angespannt als hungrig, wenn ich sehe, dass aufgepumpte, hochglanzlackierte rote Plastiklippen ein Stück Pasta küssen und mich der Slogan "Geil auf Nudeln?!" darunter anschreit.

 

Für mich hat diese ganze Werbung, egal was es auch ist, fast ausnahmslos Männer - in ihrer ja scheinbar unzügelbaren Geilheit im Blick. Oder soll der Weichspüler auf mich als Frau heutzutage so wirken, wie ein waschbares Viagra? Und wer würde davon dann wieder partizipieren ...?

Aber es muss irgendwie funktionieren, sonst würde es ja nicht immer weiter laufen! Und dabei immer schlimmer werden.

 

Der Hamburger Frauenrechtsverein "Pinkstinks" fordert ein Gesetz gegen sexistische Werbung und eine Erweiterung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Werbung sei z.B. diskriminierend, wenn sie Menschen aufgrund ihres Geschlechts irgendwie zuordne, sexuelle Anziehung als ausschließlichen Wert von Frauen darstelle und oder Frauen auf einen Gegenstand zum sexuellen Gebrauch reduziere. Unterstützt wird der Verein z.B. auch von der "Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen", dem "Deutschen Juristinnenbund" und der "Werbe-Watch-Group". 

Sie alle bezeichnen es als "frauenherabwürdigend",  wenn Frauen übertrieben geschminkt, spärlich bekleidet, in lasziver Haltung und mit zweideutigen Slogas abgebildet werden. 

Sie haben in gewisser Weise auch Erfolge mit ihren Anstrengungen: Der Werberat in Wien belegte z.B. 2013 von 211 eingereichten Beanstandungen  zehn mit einer Stopp- und siebzehn mit einer Sensibilisierungs-Aufforderung. Rechtsverbindlich sind diese Beurteilungen allerdings dennoch nicht und sie haben auch keinerlei Folgezwang.

 

Meiner Beurteilung nach dreht all das dennoch leider an der völlig falschen Schraube.

Warum ist es denn bitte überhaupt nötig, dass Frauen über die diskriminierende Wirkung der freiwillig abgelieferten, sexistischen Abbildungen anderer Frauen zu Gericht sitzen? Warum geben sich Frauen denn überhaupt dafür her, um alle anderen Frauen damit in den sexistischen Moloch zu stoßen?

Die Antwort ist offensichtlich: Dummheit, egomane Selbstverblendung und Kohle.

Dagegen war noch nie ein Kraut gewachsen! Auch nicht Oleander, Lavendel und Jasmin.

Das hörte erst dann wieder auf, wenn angepestete Frauen einfach kategorisch solcherart versexte Produkte boykottierten.

 

Aber das werden sie nicht.

Wäre ja unbequem.

Und würde sie als unerotische Emanzen-Schachteln ohne Sinn für die tieferen Dimensionen des Lebens outen.

Tja.