Cave: Neid!

Es wird nicht gerne und daher auch nicht häufig drüber gesprochen, denn bei Neid handelt es sich um eine von den Todsünden. Neid offenbart, dass ein Mensch sich im Mangel fühlt und offensichtlich von seiner Quelle abgeschnitten ist. Weswegen er mit negativen Gefühlen in der Seele auf seinen Mitbruder schielt. Auch das macht das ganze Szenario so undurchsichtig, weil sich instinktiv keiner als tendenziell asozial outen will, indem er offen zugibt neidisch zu sein. Dieses „es nicht zugeben wollen“, wirkt nach außen und nach innen gleichzeitig, weswegen seine Wirkungen oft so wahnsinnig schwammig sind.

Neid und Missgunst werden oft in einem Zusammenhang genannt, tatsächlich können sie auch zusammen auftreten. Zur Unterscheidung: Neid heißt, man hätte auch gerne das, was jemand anders hat. Missgunst bedeutet, man gönnt es dem anderen nicht und hätte es gerne nur selber.

Neid bringt einen Menschen in einen mächtigen inneren Konflikt. Einerseits muss er den Beneideten bewundern, „weil der es geschafft hat“. Aber zugleich lehnt er diesen auch heftig ab, weil er auch sein eigenes Versagen auf den Beneideten projiziert. Ein Spannungsfeld, ein Konflikt. Und da der Mittler aller Arten von Konflikten stets die Aggression ist, steht der Neidische in einem Hagel von inneren Aggressionen. Die dürfen natürlich nicht offen zutage treten und tun es daher dann passiv.

 

Hier sind wir auch schon mittendrin in den seltsamen Wirkungen, die der Neid in eine Beziehung tragen kann. Man kann zusammenfassen: Es kommt nichts Gutes aus einem Feld, in dem der Neid herrscht. Da ist also zum ersten dieser schwelende Konflikt, in dem sich der Neider befindet und dieser sickert früher oder später immer als zumeist ungerichtete passive Aggression durch. Das vergiftet auf unterschwellige Weise so die Beziehung. Der Neid-Konflikt erzeugt ein ungutes Feld von seltsamen und gegenläufigen Strömungen: Faszination und Abstoßung. Adaption und Undankbarkeit. Inspiration und Widerwille. Alles wirkt immer gleichzeitig und erschafft eine Menge Unruhe im Untergrund.

Ein typisches Zeichen für verborgenen Neid ist eine generelle Widerborstigkeit gegen den Beneideten und die Neigung zu (ungerechtfertigter und auch ätzender) Kritik. Neid ist eng verwandt mit Rivalität, weswegen es zu einem unterschwelligen Feld von heimlicher Konkurrenz und von Dominanzgerangel kommen kann. Wenn der Neider eine höhere Position erreicht, so glaubt er irrtümlich, kann er das Beneidete entweder „als Glücksfall“ belächeln, oder es verliert seine Kraft im Lichte seiner sonstigen Erhabenheit.

Anerkennung, Kompliment und Lob oder gar die Bitte um Unterstützung kommen natürlich niemals vor. Auch daher nicht, weil sie vom Neider wie eine Kapitulations-Erklärung verstoffwechselt würden. Außerdem könnte er es nicht ertragen, mit dem Beneideten dann verglichen zu werden und dabei schlechter anzuschneiden oder gar zu scheitern.


Neid ist kompliziert, folgt aber gewissen Gesetzen. Es herrscht z. B. immer der Wunsch das Beneidete irgendwie auch in den eigenen Besitz zu bringen. Dabei ist absolut hervorstechend, dass im Falle der erfolgreichen Adaption (auch von Teilen) keine Anerkennung, keine Wertschätzung und keinerlei Dankbarkeit gegenüber dem Beneideten gezeigt wird. Fast, als sei das Erbeutete eine Art „Schmerzensgeld“, auf das man ja sowieso seinen Anspruch gehabt hatte. Wenn man es nicht zu sich ziehen kann (und sei es über das Plagiieren), versucht man es zu zerstören. Das passiert mittels offener Abwertung, Kritik, Entwertung, Geringschätzung, lächerlich machen, … Sollte das auch nicht gelingen, versucht man mittels Ignoranz, eine Mauer zwischen sich und das Beneidete zu errichten.

Kurz: Es ist viel Arbeit, nicht zu wissen, dass man neidisch ist. Und es macht eine fruchtbare Beziehung im Kern unmöglich, weil Neid alles auf eine schleichende Weise vergiftet.

 

Oft liegt ein heimlicher und uneingestandener Neid im Untergrund, wenn es in Beziehungen ständig „hakt“, oder es irgendwie immer zu Unannehmlichkeiten, sonderbaren Spannungen und ständigen kleinen Reibereien kommt. Den Preis zahlt zumeist der Beneidete, der sich unversehens in einem Sperrfeuer widriger Emotionen wiederfindet, ohne das jemals zuordnen zu können. Wenn es Euch also in einer Verbindung nicht gut geht, tretet doch mal einen Schritt zurück und checkt das Feld einmal auf einen möglicherweise vorhandenen Neid.