Verfolgungsjagd mit Tücken

Neulich, in Berg am Laim.

Ich mit meinem Mops im Jella-Lepmann-Park unterwegs. Es knallt plötzlich laut 300 meter weiter im gegenüberliegenden Hauseingang ... war das etwa jetzt ein Pistolenschuss?! Ein junger Mann mit einer Plastiktüte fliegt plötzlich aus dem Eingang, rast blind durch die quietschend bremsenden und wütend hupenden Autos. Ein Polizist, nicht viel älter als der Flüchtende, rast durch den noch stehenden Verkehr hinterher, brüllt: "Stehenbleiben! Polizei!" Naja, was soll ich sagen: Pustekuchen natürlich. Der Junge rast, mit eindeutig mehr Glück als Physik, durch eine tiefe, unebene, kiesige Senke und kraxelt vorne wieder heraus, wobei er deutlich Distanz verliert. Der Polizist springt sportiv in die Senke hinterher, hat aber leider mehr Physik als Glück, packt sich voll hin und wird auch noch rechts von seiner Waffe überholt. Das ist der Punkt, wo alles kippt. Er schaut dem Flüchtenden nach, der im Umgucken das Tempo drosselt und sich schon sicher fühlt. Der Polizist will ihm nach, zaudert dann aber und beginnt seine Waffe im Gestrüpp zu suchen. Ich denk noch so: "Kacke, den hätte er gekriegt! Gerade, wenn noch ein Spaziergänger schnell reagiert hätte!" Aber da fliegt plötzlich mit langen Gazellenschritten von rechts ein weiterer Polizist heran, rast außen um die Senke und holt schnell auf. So rasch ist der Flüchtling nicht wieder auf Tempo und mit einem unhörbaren "Bansaaaaiiii!!!" wirft sich der Polizist auf die Beute und beide kugeln in die Senke. Aber da steht der Andere schon wieder fertig angezogen - und das war das Ende der aktuellen Folge von "Die Straßen von Berg am Laim".

 

Dass sie den Gangster dann doch noch gekriegt haben, hatte mit Glück zu tun, nicht mit Können. Der erste Polizist hatte offensichtlich einen Warnschuss abgegeben und war dann wohl auch gleich losgesprintet. Entweder hatte er nun vergessen den Druckknopf über dem Halfter zu schließen, oder er hatte vergessen darauf zu achten, dass der Knopf "klack" machte. Und wie immer wenn man schon das Nachsehen hat, kommt auch noch Pech dazu: Auf ebener Strecke wäre wohl vermutlich gar nichts passiert, aber beim Downhill plus abruptem Bodenkuss, gab die Physik dann auch mal ihren Senf dazu. Und das war ein klassischer Konflikt, der garantiert zu einer lebenslang unvergesslichen Lektion führte: Wenn man auf der Verfolgung, mit dem Hirn voll mit leckerem Adrenalin, seine Waffe verliert - was macht man dann zuerst?! Er tat das, wozu er verpflichtet ist: seine Waffe vor fremdem Zugriff zu sichern. Das muss ein wirklich ätzender Moment gewesen sein! Wegen seiner eigenen Verpeiltheit dem Täter nur noch hinterhergucken zu können! Ungefähr wie der Moment, den man hat, wenn man aufschließen will und sich just in dieser Sekunde daran erinnert, dass der Schlüssel ja noch innen steckt. Ein ganz entzückender Augenblick, den braucht man ungefähr so dringend, wie ein drittes Bein.

 

Für mich als Zuschauer, war es außer dem "Kojak-Effekt" außerdem mal wieder lehrreich zu reflektieren, dass man wichtige Dinge, auch wenn sie im Getümmel gerade vergleichsweise banal erscheinen, nie aus den Augen verlieren sollte. Das heißt: Auf das Schließen des Druckknopfes am Halfter achten. Oder, wenn man keines trägt, immer erst zu gucken, ob man den Schlüssel auch in der Hand hält, bevor man die Tür ran zieht. Oder allgemeine Wachheit wie: drei junge Männer stellten sich neulich an der Ampel, stoisch geradeaus blickend, als sei gar nichts weiter, ganz dicht an mich heran. Ich plärrte sofort, ohne genau zu wissen, was mich so aggressiv machte: "Geht's noch hier?! Abrücken, aber dalli!" Und erst an der nächsten Ampel fiel es mir auf: Das waren Trickdiebe gewesen, die den "Kessel-Trick" verwendeten: einkesseln, ablenken, zugreifen.

Und was lernen wir daraus?

Aufpassen, Wachbleiben, mitdenken. Auch wenn's manchmal schwer fällt.