Inhaltsverzeichnis
Troll versus Zombie
Trolle on Stage
Troll-Treffen
Trieb-Trolle
Klicken, Kicken und, äh, F …
WASCHZETTEL
Anliegen
Es ist mir ein echtes Anliegen, Frauen, die sich ungeschützt im Internet bewegen ein Kompendium zur Hand zu geben, gewisse Fehler vielleicht dann wenigstens mal auszulassen. Zum Beispiel die hier agierenden Männer allzu (oder überhaupt) ernst zu nehmen. Es ist nur ein Arbeitstitel, aber möglicherweise geht es den meisten von ihnen dort um gar nichts bestimmtes. Und wenn das so ist, muss frau sich da auch nicht unbedingt "mit Haut und Haaren" investieren.
Frauen, die sehr wohl wissen, um was es da geht und nicht geht, möchte ich ein Werk voller spritziger Heiterkeit zur Hand geben, dass ihnen die Möglichkeit schenkt sich selber, und ihre sicherlich ebenso grotesken Erfahrungen, zu spiegeln: Ihr seid nicht allein!!!
Zugrunde liegende Erfahrung
Was soll ich sagen: Ich war live dabei und habe all die hier geschilderten Erfahrungen dooferweise selber und in 3D anno Dominis 2017 von Februar bis August gemacht. Ob das jetzt unbedingt nötig war, um mein kuturelles Profil zu veredeln, weiß ich nicht zu sagen. Man kann mir jetzt sicher auch mangelnden Durchhaltewillen vorwerfen, dass ich nämlich schon nach nur sechs Monaten bereits resigniert das Handtuch und andere Dinge warf. Man kann mir aber auch Effizienz vorwerfen, ständig sich schnell gleichende, tendenziell unfrohmachende Erfahrungen nicht auch noch immer wiederholen zu wollen ...
Käufergruppe
Frauen und Männer mit mindestens guter Bildung ab sechzehn Jahren. Menschen, die ein ungewöhnliches Geschenk suchen. Frauen, die im Internet was gesucht haben ... nein, keine Schuhe! Einen Mann. Glück. Liebe ...?!
Stilmittel
Ich bemühe eine etwas respektlose, freie, aber stets saubere und hochdeutsche Sprache. Die Diktion ist heiter und sarkastisch, sie ist so bildreich, weil sie den Leser einlädt einzutauchen in das jeweils geschilderte Szenario. Das Thema ist albern, das sind die geschilderten Histörchen und Trolle aber auch. Ich werde am Anfang und Ende auch etwas ernster zwischen den Zeilen, aber hey: keine Rose ohne Dornen - und wir wollen ja auch was mitnehmen, oder ...
Essenz
Das Buch handelt weitreichend und tiefgehend davon, was ich als (halbwegs normale) Frau im Internet so mit angeblich anbandelungswütigen Männern in Partnerbörsen erlebte. Gut, ich wollte es aber auch wissen und hab fast nichts ausgelassen, denke ich mal. Aber vielleicht war es auch einfach überfällig, dass mal eine Normalbegabte wie ich einen Kriegsbericht ablieferte. So oder so, jetzt kann man es sowieso nicht mehr rückgängig machen ...
LESEPROBE
Die Matschbirne
Das letzte Date in dieser Aufzählungsreihe hatte es dann noch mal richtig in sich. Ich nannte ihn nach kürzester Zeit nur noch "Die Matschbirne". Er schrieb mich an, wir wurden recht schnell lustig miteinander, dann rief er an, ein Schwabe, ein Bayer also schon wieder, ausgerechnet, die hatte ich ja nun gerade hinter mir gelassen! Ich war also gewarnt. Er begann das Gespräch, indem er mir minutenlang meine Antworten an ihn vorlas und dann kommentierte, warum er die so wahnsinnig komisch fand. Ich hatte echte Mühe ihn zu unterbrechen. „Desch isch scho witschick, weischt scho, scho witschick …!“ Mei. Ich hatte gerade auch nicht so unglaublich viel Nerven für endloses Gewäsch, weil es mich gerade rückwärts die ungewohnte, glatte, schön steile Holztreppe runtergeschickt hatte, und ich nun schon seit Tagen unter Schmerzmitteln stand - und trotzdem kräftig litt. Ich hatte sein Mitleid. Und er machte mir den wirklich brauchbaren Vorschlag mir zu helfen. Das sei zwar für das erste Date ein bisschen unromantisch, aber wenigstens wertvoll, egal was dann noch draus würde! Er wäre ein erstklassiger Handwerker, könne wirklich alles – und er besäße eine Hilti… naaaa??? Dem konnte ich mich nicht verschließen und ich konnte Hilfe und Hilti wirklich gebrauchen, weil ich akut nämlich nicht mal mehr meinen kleinen Hund über den Weidenzaun heben konnte. Ich erklärte ihm die Strecke fürs Fahrrad, es war eigentlich nur zweimal rechts abbiegen. Ich sagte noch warnend: „Pass auf, die Straßenschilder hier sprechen nur friesisch: der Querweg wird als Twarsweg geführt!“ Jajaja, alles kein Problem, er sieht es gerade auf Google, ist ja total easy, in 25 Minuten mit Rückenwind sollte er da sein. Na, dann. Da war es viertel vor acht. Um halb zehn bekam ich dann einen völlig hektischen Anruf. ER. Er sei völlig im Arsch, total abgearbeitet, richtig fertig, müsste jetzt erst mal unter die Dusche, dann aufs Sofa, es geht ja wohl gar nicht mehr! Und er wäre bis Witzwort gefahren! Ich sagte ihm, dass er damit dann schon über fünf Kilometer vorbei gewesen war und er pampte zurück, das wisse er ja alles! ACH. Und da hätten zwei Besoffene auf dem Marktplatz gefeiert und immer gefaselt er müsse Richtung Deich! Ich sagte, dass das schon auch stimmte, aber eben in Richtung Deich bei Simonsberg, und nicht in in Richtung Deich bei Witzwort ... Ja, das wisse er ja auch alles! ACH. Aber ich hätte das eben auch einfach alles so unglaublich schlecht erklärt! Ich korrigierte ihn, dass ich ihm alles Wichtige gesagt hatte. Ja, schon möglich, aber ich hätte dann eben einfach zu viel nebenher noch schwadroniert, und da sei er halt einfach durcheinander gekommen bei so vielen unwichtigen Informationen! Ich korrigierte ihn, dass ich nur drei kurze Sätze gemacht hatte: zwei Mal rechts, Querweg heißt Twarsweg - und nach zwei Kilometern rechts das Haus ...! Ja, schon möglich, aber dann hätte ich ihm eben noch deutlicher sagen müssen, dass der Querweg da nur Twarsweg hieße! Und warum ich dann überhaupt von Querweg angefangen hätte, wenn es den so gar nicht gab?! Der Fall lag also klar: Er war also offenbar zu blöd gewesen geradeaus zu fahren, zwei mal rechts abzubiegen und ein Straßenschild zu lesen! Schuld daran war aber dennoch alleine ich … Troll-Attacke! Ich beendete das Gespräch.
Er setzte natürlich nach. Jaja, die klassische Verkettung unglücklicher Umstände, hihi, er habe das auf Google noch mal angeschaut und, hühü, da muss er unterwegs irgendwo in ein Wurmloch gefallen sein, hähä, und es stimmt, ich hätte es sehr gut erklärt, höhö, da hatte er wohl dann einen Zeitsprung gemacht auf dem Fahrrad, hirrhirr! Aber er hätte sich dann wieder restauriert, haha, und ihm sei dabei aufgefallen, dass der ganze Plan schon in sich ja völlig blöd sei! Ich und meine ganzen Schmerztabletten … und dann trotzdem noch mit Schmerzen! Hallo?! Das sei doch sowieso nun der denkbar schlechteste Einstieg für ein romantisches erstes Kennenlernen! Und es läge ja nun überhaupt nichts Dringendes vor! Ich solle mich bloß erst mal in Ruhe auf die Reihe bringen, von den Tabletten wieder runterkommen, und dann würden wir das mal langsam anplanen …! Er fühlte sich unheimlich schlau mit seinem neuen, unglaublich souverän-erwachsenen Plan, genoss es sichtlich mich „mit meinen komischen Vorschlägen“ mal wieder doof aussehen zu lassen. Dabei kriegte er erneut nicht mal ansatzweise mit, dass ihn schon wieder das nächste Wurmloch erwischt und verschlungen hatte. Ich teilte ihm in dürren Worten mit, dass das alles, seinerseits übrigens, mal ganz anders angedacht worden war, bis er sich völlig verfranst - und daraufhin auch im Gespräch komplett den Faden verloren hatte … Eine Welle wilder Widerworte antwortete mir erneut, der Mann schien ansonsten nicht sehr viel anderes zu tun zu haben. Ich sagte daraufhin resigniert und genervt, dass ich mir dann eben jemanden anders kapern müsste, der meine Gartenmöbel wieder hinstelle und meine Lampen anbohrte. Weil das nämlich zufällig sehr wohl dringend sei – und tschüss! Da spuckte ihn das Wurmloch plötzlich wieder aus, hatte ihn wohl gründlich durchgekaut und für unverdaulich befunden. Achsooooo…. Najaaaaaaa…. Wenn das so ist … Ich solle ihn eben einfach morgen um neun Uhr abholen kommen, er warte unten auf mich. Und er sei aufgrund seiner … hehe … Figur … unverwechselbar! Ich befürchtete das Schlimmste. Um fünf nach neun kam ich in der Plattenbausiedlung an: Da stand ein sehr breitschultriger Fleischklops in stark verlebten, end-schlecht sitzenden orangefarbenen Cargo-Bermudas und einem perfekt völlig verwaschenen, ebenfalls orangefarbenen Muskelshirt. Eines von der Sorte, was keiner ohne Autismus seit dem modischen Versterben der 80-er je wieder angehabt hatte, nicht mal George Michael auf Dope! Er hatte schon auch einen trainierten und gebräunten Oberkörper, dieser wirkte aber auf mich wie eingepackt unter zu viel Fleisch, die ganzen Muskeln da waren seltsam undefiniert und sahen auch nicht wirklich muskulös aus. Überhaupt wirkte er auf mich seltsam unproportioniert, verschoben - und irgendwie auch fett. Seine weißen Steckerlbeinchen sahen sehr sonderbar aus da unten an der ganzen Masse dran, und irgendwie ein bisschen wie falsch eingeschraubt. Das Shirt hing unter den Armen ja weit offen herab und gab den Blick auf breite Speckfalten in der Tallie preis. Außerdem schob er, anstatt eines leckeren Sixpacks, eine ziemlich stattliche Plautze vor sich her. Er wirkte irgendwie auf eine ganz ungute Weise aufgepumpt - und trotz der ganzen Muskeln dennoch irgendwie fett. Ein Freund erklärte mir später, dass genau diese Optik dabei herauskäme, wenn man jahrelang hochpotenzierte Eiweißdrinks konsumiere, und evtl. in der Jugend dazu auch mit dem einen oder anderen Pillchen experimentiert hätte. Sowas baue nämlich nur Masse auf, aber keine echten Muskeln. Ja, so sah das dann wohl auch irgendwie aus. Ich fuhr also rechts ran und wartete, dass er endlich einstieg. Er kam aber nicht und grinste mich breitbeinig mit verschränkten Armen fett an, fühlte sich gerade ganz unglaublich prächtig das Fleischklöpschen. Ich kurbelte runter und rief angestrengt: „Was ist nun … soll ich Dich aufladen und Du rollst im Schwung durchs Fenster rein, oder was ist der Plan? Und wo ist Dein Zeug?!“ Er ging etwas mühsam und leicht schief auf mich zu: „Ja, oben ist das, ich muss das ja alles ja erst noch zusammensuchen! Komm kurz mit rauf!“ Ich sagte, schon genervt: „Das heißt ich muss jetzt einen Parkplatz suchen, mich unter Schmerzen aus dem Auto quälen, und hinter Dir blöd durch die Plattenbauanlage traben! Warum noch mal?!“ Er sah einen kurzen Moment verwirrt aus, schüttelte das aber ab, und öffnete mir galant die Tür und zwitscherte: „Komm!“ Was blieb mir also übrig. Erwähnte ich schon, dass Trolle merkwürdigerweise oft genauso das bekämen, was sie sowieso haben wollten? Jedenfalls zwei Mal - beim ersten und beim letzten Mal? Er bekam es jedenfalls mal wieder. Schon auf dem Weg, haute er wieder eins seiner Dinger raus. Wir hatten uns unterhalten, dass er ja aktuell zum Friseur müsse und dass ich meine Haare schon seit Jahren selber schnitte. Heute trug ich Spängchen, damit ich freie Sicht hatte. Er schaute mit Kennerblick auf meine Haare, schüttelte mitleidig resigniert den Kopf und sagte: „Da ist ja ein Loch in deiner Frisur, sag mal! Das sehe ich doch gleich, ja, wie ich es mir schon dachte! Ich sag nur: geh mal wieder zum Friseur, lass Dir mal wieder fix ‘ne anständige Frisur schneiden! Die verstehen nämlich was davon!“ Es reichte also eigentlich schon wieder. Ich schleppte mich und meine löchrige Frisur also mühsam in sein verlebtes Sozialbau-Wohnloch und wurde auf die kittgraue 80-er-Jahre Ledercouch gedrängt. Das Zimmer war mit der klobigen Sitzecke plus Tisch fast schon halb ausgefüllt. Da saß ich dann auf einer im Achtzigerjahre-Look dreifarbig gestreiften in Stäbchentechnik gefertigten Wolldecke (Caramel, Schwarz, Weiß), und starrte etwas duselig auf das Panorama vor dem Fenster. „Du hast es erkannt!“, jubelte er glücklich. Und ich intonierte matt: „Es ist über einen Meter fünfzig hoch, man kann es in einem so kleinen Zimmer einfach nicht übersehen …“ „Nicht wahr!“, schwärmte er enthusiastisch. „Ein Fernsehturm …“, echote ich trübe und er rief glücklich: „Ja! Und nein! Es ist nicht irgendein Fernsehturm! Es ist ist die Mutter aller Fernsehtürme! Und wo steht die?!“ Ich sagte: „Ja, das ist bekannt …“ Natürlich gut bekannt, wem auch immer, Günther Jauch ganz bestimmt, mir jedenfalls nicht, aber ich wollte aus dem bekloppten Gespräch schnell wieder raus! „Stuttgart! Richtig!“, jubelte er und betrachtete seinen Lego-Spargel verliebt. „12.467 Teile! Hab ich ganz alleine zusammengesetzt!“ „Fein“, sagte ich und wünschte mich nach Stuttgart … Er hatschte dann mal los, sein Zeugs endlich zusammenzusuchen und ich starrte trübe auf den hässlichen, grauen Legospargel. Dabei dachte ich mir böse, dass zu sowas im Wohnzimmer eigentlich doch ein Tinnitus ganz gut passen müsste …? Er kam wieder herein und schleifte einen mächtig durchhängenden, alten, beuligen Jutebeutel mit einem verlebten Nici-Tierchen am Griff herein. „Meine Werkzeugtasche“, sagte er geschäftig in das Scheppern hinein und ich ahnte Fürchterliches. Es stellte sich außerdem heraus, er hatte schon wieder Unfug verzapft: Es war nämlich gar keine Hilti, mit er so herumgeprotzt hatte, sondern nur ein Boschhammer. Und sie gehörte auch gar nicht ihm, sondern nur dem Hausmeister. Na, dann … Wir kamen bei mir an, endlich. Er stellte alles im Garten nach meinen Vorgaben hin, schleppte lauter schweres Zeugs herum und grub den Findling etwas ein. Dann musste er sitzen. Verwöhnt von der durchhängenden 80-er Couch fand er meine antiken englischen Stühle „total unbequem“ - und musste aufs Sofa. Auf dem Weg dahin ereignete sich faszinierendes. Er ging langsam an der Kücheninsel vorbei, auf der eine von mir angetrunkene kleine Flasche mit Apfelsaftschorle stand. Er verharrte den Schritt, griff sich die Flasche, schraubte sie auf, goss sich den Inhalt hinein, schraubte sie wieder zu, stellte die Flasche hin und wankte wortlos weiter. Alles in einem Arbeitsgang! Das Sofa fand er dann leider auch total unbequem, man müsse die Kissen irgendwie wohl auch mal ganz anders anordnen! Und es fehle dringend ein großer Couchtisch! Dann deutete auf die volle Apfelsaftschorle auf dem Tresen und sagte fuchtelnd: „Gib mal …“ Und ich sagte genervt: „Gib mal - was?!“ Er zappelte planlos weiter: „Gib mal … das, was Du da hast … da …!“ Es hatte also weitere Beute gewittert. Verwunderlich, da er mir ja nun schon zweimal erzählt hatte, dass er ausschließlich Wasser und Tee tränke. Es bekam also „das da“, und daraufhin machte er es sich auf dem total unbequemen Sofa bequem, während ich merkte wie mein Rücken zu toben begann. Ich fragte in die Trinkerei, die Zwangspause mühsam überbrückend: „Und, was machst Du aktuell beruflich …?“ Er nahm einen kräftigen Schluck von „das da“ und sagte dann entschlossen: „Als ich als Praktikant 1982 in die Maschinenfabrik des Freundes meines Vaters kam …“, und hörte geschlagene achtzehn Minuten nicht wieder auf über sich und seine glorreiche berufliche Laufbahn zu reden! Ich versuchte ihn verzweifelt zu coachen, wenigstens die ganzen Namen und Dienstgrade beim Militär zu überschlagen … vergeblich! Ich bat ihn bitte nicht auch noch nach den ganzen Namen der Programmapplikationen unter SAP zu graben, die er 1995-1998 programmiert hatte … vergeblich! Dann versuchte ich ihn dazu zu bringen wenigstens den Rest der Neunziger zu überspringen und mal ansatzweise ins aktuelle Jahrtausend zu kommen … vergeblich! Am Ende der achtzehn Minuten gab es nichts, was ich über seine Laufbahn nicht wusste. Außer das, was er jetzt aktuell tat. Die Antwort auf meine Eingangsfrage zu geben, hatte er jetzt wohl irgendwie vergessen. Ich machte den Fehler, immerhin hatte ich mich nun bis zu diesem Punkt durchgearbeitet, und fragte nochmal, was er denn jetzt täte?! Er nahm einen großen Schluck von „das da“, und sagte froh: „Da muss ich jetzt ein bisschen ausholen!“ Mir entglitten die Gesichtszüge merklich. „Es war 2002, da fuhr ich einen roten Porsche Cayenne …“ Er holte dann wirklich etwas aus und gönnte sich noch mal gute acht Minuten Redezeit. Long Story short, das überrascht den erschöpften Leser wahrscheinlich an dieser Stelle schon gar nicht mehr so sehr: Er hatte einen Unfall. Aufprall mit ca. 80 KMh auf ein entgegenkommendes Fahrzeug mit ebenfalls 80 KMh. Er musste vier Stunden lang aus dem Wrack raus geschweißt werden, und lag dann vier Monate lang im Koma. Keiner wusste, was aus ihm werden würde. Als er dann glücklicherweise doch wieder aufwachte, war leider nichts mehr wie vorher. Seine Frau verließ ihn schon bald mit der Tochter und reichte dann schnell die Scheidung ein. Sein Hirn hatte wohl doch auch ordentlich was abbekommen, und er war mental und vom Stress her nicht mehr belastbar, hatte sich angeblich wohl auch deutlich wesensverändert. Es würde jedenfalls überhaupt nicht verwundern nach so einem Vorfall, dachte ich. Kurz: Er wurde dann schnell erwerbsunfähig. Nicht nur berufsunfähig, er wurde mit 38 voll berentet. Ja, das erklärte dann vielleicht ja auch so einiges … Es hatte wohl ganz schön gescheppert da im Oberstübchen. Ärgerlich an der ganzen Sache war ja gar nicht mal die rasch offensichtlich werdende mentale Beeinträchtigung, sondern der Umstand, dass er sich immer noch für unglaublich schlau und wach hielt. Das mochte er vielleicht tatsächlich auch mal gewesen sein, aber jetzt war er leider meistens eine echte Matschbirne. Doch er kriegte das, trotz amtlicher Diagnose und Berentung, irgendwie nicht richtig mit, sondern machte alle anderen für seine Verpeiltheit verantwortlich. Korrektive in Form von wohlmeinenden Freunden schien es auch nicht zu geben, denn er hielt ja niemals inne in seinen irren Betrachtungen. Das fand ich ärgerlich und stressig.
Mein Rücken tat mächtig weh, ich wollte ihn loswerden und schob daher dringendes Gassi vor. „Super Idee, da komm ich doch noch mit!“ Mist. Ich kam dann nicht mehr vom Sofa hoch und er, als Leistungs-Sportler und Trainer, fragte hellsichtig, ob sich das ganze Spektakel an meiner Rückseite eigentlich mal einer angesehen hätte? Ich verneinte. Er sagte professionell: „Lass mal sehen, nicht das doch noch was gebrochen ist!“ Ich zierte mich ihm meinen blauen Hintern zu zeigen und er winkte lachend ab - kennt man, kennt man zur Genüge! Auch wahr. Ich machte mich also hinten frei und er pfiff anerkennend durch die Zähne: „Mein lieber Herr Gesangsverein! Na, sowas hab ich ja schon lange nicht mehr gesehen! Du hast eine über 10cm breite, dunkelblaue Leiste einmal quer über den ganzen Hintern, dass das mächtig weh tut, glaube ich sofort! Und auch der untere Rücken, mei, mei, mei …! Er tastete vorsichtig und professionell die Rippen ab und sagte: „Alles heil, nur geprellt, vielleicht gestaucht. Aber das war ganze Arbeit, junge Dame!“ Dann holte er plötzlich weit aus und haute mir mit Schmackes voll mit der flachen Hand auf die rechte, dunkelblaue Pobacke. Ich schrie vor Schmerz und Schreck laut auf und funkelte ihn wütend an. Er grinste, hob die Schultern und sagte: „Du … ich bin auch nur ein Mann! Und Du stehst hier halb nackt vor mir … also, reg Dich nicht auf, alles normal!“ Ich versuchte krampfhaft an den zermatschten Porsche mit dem ganzen zermatschten Hirn drin zu denken - und ihm jetzt impulsiv keine dafür reinzudrücken …!
Ich stellte zur Beruhigung langsam die Apfelsaftschorle in den Kühlschrank, aber auch das war schon wieder ein Fehler, denn er passte genau auf, dass er hinter mir zu stehen kam. „Ah! Da hast Du ja Milchschnitten, die esse ich auch immer wieder ganz gerne, kannst gleich mal eine raus tun – so als zweites Frühstück, nach der ganzen harten Arbeit!“ und „Ah! Da hast Du ja auch Pepsi, die trinke ich auch ab und zu mal ganz gerne, gerade wenn es so heiß ist, gib mal gleich eine her, die können wir dann ja unterwegs trinken!“ An sowas kommt man einfach nicht ungeschoren vorbei – und schon gar nicht unter Schmerzen und Erschöpfung. Man gab besser dem Troll, was er begehrte, diskutierte nicht mit ihm, und wartete auch besser gar nicht erst auf ein „Nett von Dir“ oder auf ein „Danke!“ Kam dann auch nicht. Er begann draußen sofort zu fressen und zu saufen. Dann deutete er auf Calimero und sagte großkotzig: „Sag mal, eine Frau mit Deiner Intelligenz …!? Das hättest Du doch nun aber wirklich auch voraussehen können, dass das dann ja nun in völlig überzüchtetes Viech ist!“ Ich dachte zähneknirschend an den zermatschten Porsche und das zermatschte Gehirn …
Weil ja nun das Spektakel geendet war, bevor der „die Hilti“ überhaupt auch nur in der Hand gehabt hatte, musste ich ihn ja gleich noch mal ertragen. Er hatte nun zwei teure und sehr wichtige Haken mitgenommen, um zu checken, ob er dafür die passenden Dübel zuhause habe. Ich hatte ein komisches Gefühl und wollte die am liebsten gar nicht aus der Hand geben. Er nahm sie jedoch großkotzig-genervt an sich und ich fuhr ihn mit den Dingern nach Hause. Wie schon auf der Hinfahrt, fuhr er wieder die ganze Zeit hektisch mit, riss ständig den Kopf von rechts nach links und schaute beim Abbiegen über die Schultern. Nervig! Und wieder schrie er unterwegs plötzlich: „Ah! Da! Achtung!!!“, und hätte damit fast einen Auffahrunfall verursacht. Einfach weil Fahrer beim plötzlichen Schreien von Beifahrern schon ganz impulsiv auf die Bremse trampeln, weil sie befürchten etwas übersehen zu haben! Es war natürlich überhaupt nichts, und ich war mittlerweile schon so dermaßen genervt von diesem Blindgänger, dass ich ihn mächtig zusammenschiss sich ja sofort aus meinem Fahrstil rauszuhalten, wenn er nicht zu Fuß nach Hause gehen wollte! Ja, er führe eben offensiv mit! Ich fauchte unmissverständlich: „Noch eine Zuckung und Du gehst ganz offensiv!“ Da war er dann beleidigt. Er schob es aber vor der Tür noch schnell gönnerhaft auf all die Schmerztabletten, die ich mir ja nun schon seit Tagen ungebremst einwarf … Als ich zuhause ankam, fand ich erstmal einen der Haken im Fußraum. Das ließ irgendwie nichts Gutes ahnen. Und so war es auch: der zweite Haken „musste auch zwingend im Auto liegen, Du hast nur nicht richtig geguckt!“, tat er aber natürlich nicht. Und er fand ihn weder „in seiner Werkzeugtasche“, noch auf dem Weg jemals wieder ...
Nun hatte ich diesen Zombie am nächsten Tag noch mal am Hals, und mein silberner Löwenkopf würde nun, aufgrund des ja verlorenen Hakens, nicht befestigt werden können. „Teuer bezahlter Handwerker!“, witzelte mein bester Freund bösartig, haha, wie wahr, leider! Ich schrieb die Matschbirne an: „Nun, wo Du den Weg kennst, kommst Du dann morgen mit dem Fahrrad?“ Und er prustete, aufs köstlichste amüsiert von mir kleinem Doofie, zurück: „Hallo?! Mach ich hier etwa die Ralleye Monte Carlo bei den Temperaturen gerade?! Nein, Du wirst mich natürlich in Deinem kleinen, wohl temperierten, Auto hübsch abholen kommen!“ Ich kotzte schon wieder mental: Ich holte ihn natürlich hübsch ab?! Mit meinem kleinen Auto?! Was für eine missbräuchliche und höchst abwertende Sprache dieser Mann führte! Das war sicherlich nicht alleine auf seine erworbene Matschbirne zurückzuführen! Das hatte der vorher alles auch schon so an sich gehabt, da war ich mittlerweile fast sicher. Er war einfach ein Troll. Und ist durch den Unfall möglicherweise dann zum Zombie mutiert! Ich holte ihn also bei unmenschlichen 25 Grad natürlich hübsch mit meinem kleinen Auto ab, und vereinte ihn wieder glücklich mit „seiner Hilti“.
Allerdings durfte er an die erst ran, nachdem er über Kopf ein paar Verteilerdosen auf all die frei aus der Decke lappenden Kabel geschraubt hatte. War ja nun kein Akt, kriegte ich aber eben wegen der dafür nötigen Überstreckung im Rücken nun mal grad nicht hin. Da schaffte er es bereits schon, und holte sich den ersten Schlag. Dann holte er die Hilti raus und die Verwüstung begann. Ich hatte ihn noch gebeten nicht überall an die weißen Wände zu tatschen, weil ich die Farbe zur Korrektur nicht besäße, er lachte überheblich und sagte arrogant: „Da kann ich Dir schnell helfen! Geh halt mit irgendwas drüber, Weiß ist Weiß!“ Ich dachte an den Porsche, an das arme Hirn, und sparte mir alle weiteren Entgegnungen. Als er dann endlich fertig war, befanden sich an allen Wänden und Decken wo er zugange gewesen war, reichhaltige graue Mandalas mit je fünf Wurstfingern dran. Fein. Als erstes trat er seinen Zerstörungszug durch das Duschbad an. Die Decke war zu hoch! Der Stuhl war zu klein! Und er hatte seine Lesebrille nicht mit und konnte nichts „von da unten“ sehen! Und: „Gib mal eben Deine Brille!“ *Vogel zeig*: Kein Mensch setzt sich mein Gesichtsmöbel auf seinen fettigen Zinken! Und ich bin außerdem nicht weitsichtig. „Ja, dann wird es halt nichts!“, er bohrte aber trotzdem schon mal in die Decke rein, obwohl ich mit dem Staubsauger direkt daneben stand. Dunkelgrauer Staub rieselte in Myriaden herab. Ich sagte angeätzt, dass er sich vielleicht bitte mal ein bisschen konzentrieren könnte, um wenigstens etwas Dreck zu vermeiden. Er pampte, in die übel rieselnde Hilti gestemmt zurück, dass die Vorstellung von Handwerk ohne Dreck eine echte Realsatire sei - und nicht mal der Rede wert! Es endete damit, weil: er sah ja nichts, dass dann ich auf Zehenspitzen und völlig überstreckt mit dem Phasenprüfer an der verdammten Lüsterklemme herumstocherte und Kabel verschraubte. Er stand unten und hielt einen Vortrag über die Funktionsweise und den richtigen Gebrauch eines handelsüblichen Phasenprüfers. Ich hatte zu viel Schmerzen, um darauf nun auch noch zu reagieren. Ich schloss alles an, es funktionierte nicht. Ich maß alles wieder und wieder durch, es leuchtete nichts. Er schoss von unten, ich mache alles völlig falsch, wenn es nicht leuchte, und das sei doch alles nun wirklich nicht so schwierig! Immerhin hätte er es mir doch nun auch lang und breit erklärt! Ob er noch mal solle …? Ich verneinte hektisch, schloss alles wieder ab und nochmal an, ich maß alles durch, es funktionierte einfach nicht! Ich sagte ihm, er solle trotzdem die verdammte Lampe dransetzen, dann ginge es eben nicht, mir reiche es jetzt! Als zwei Tage später dann die Handwerker wegen der stinkenden Dusche kamen, arbeiteten sie überraschenderweise bei vollem Licht. Der Schalter für die Lampe war nämlich draußen, nicht drinnen … Bevor es aber soweit war, stand ich in einem völlig schwarz gestaubten Bad. Am Waschbecken davor: der kurzsichtige King Hilti, der sich mit vollen Händen von unten Wasser ins Gesicht klatschen ließ, und damit das schwarze Bad komplett unter Wasser setze. Er verlangte sogleich nach einem frischen Handtuch, mit dem er sich, er hatte sich oben herum freigemacht, unappetitlicherweise komplett den schweißigen Klops abrieb. Ich schaute ins Bad und dachte an Realsatire. Das hier war jedenfalls mal ganz nah dran … wenn ich auch nicht lachen konnte. Aus dem nassen, schwarz verschmierten Bad liefen viele stumpfe Fußabdrücke, die sich am Ende dann in der gesamten Wohnung wiederfanden. Zwischenzeitlich holte sich der King noch einen Schlag und ich sah ihn schon mit verdrehten Augen sabbernd im Parkett liegen, während ich den Sanker rief. Der musste hier ganz dringend raus. Und zwar schnell!
Aber er musste erst noch mal sitzen. So verschweisst und verstaubt wie er war, komplimentierte ich ihn auf die Gartenstühle, die konnte man zur Not ja dann kärchern. Er forderte wieder etwas von „das da“ und eine Milchschnitte, und fing unter dem Gesaufe und Gefresse dann mal an zu erzählen, was seine Ex-Frau sich gerade alles ausgedacht hatte, um ihn von seiner Tochter fernzuhalten. Ich dachte nur bei mir, dass wenn er sich mit dem Kind genauso verpeilt aufführte wie grad hier, es mich nicht die Bohne wundern würde, wenn die Mutter energisch versuchte das Umgangsrecht einzuschränken … Die Storys wurden immer abstruser und ich machte den alten Fehler und stellte eine harmlose Frage: „Warum ist Deine Frau denn so gegen Dich, nach deiner Genesung war sie doch so froh …“ Er nahm einen entschlossenen Schluck und sagte: „Da muss ich jetzt ein bisschen ausholen!“ Ich sagte: „Oh, no!“ Und er sagte: „Als ich als Praktikant 1982 in die Maschinenfabrik des Freundes meines Vaters kam …“, und hörte geschlagene sieben Minuten nicht wieder auf noch einen gerafften Abriss über seine glorreiche berufliche Laufbahn zu geben. Ich unterbrach ihn an irgendeiner Stelle laut und rüde, als er wieder an die unsägliche Stelle mit dem SAP kam. Er wedelte mich ungeduldig, ungefähr wie eine nervige Fliege, weg und sagte: „Ich komm ja jetzt an die Stelle, wo es dann richtig wichtig wird!“ und faselte ungebrochen minutenlang weiter. Er lernte an der Stelle nämlich gerade seine Frau kennen, was gut 15 Jahre hinter dem Punkt seines Unfalles lag. Er ließ sich aber einfach nicht unterbrechen! Ich kam kurz wieder zu mir, als es in seiner Litanei gerade richtig bizarr zuging: „Ich wurde aber in der zweiten Instanz freigesprochen! Der Richter hat anerkannt, dass es natürlich ein Unfall war!“ Ich sagte: „Was ist los?!“ und er sagte: „Jetzt unterbrich mich halt nicht dauernd!“ Er war also in der Geschichte an irgendeinem Teil in den Schuppen gegangen, um warum auch immer, irgendwas da was zu holen - und auf einmal kamen drei Männer rein: Sein Schwiegervater, sein Onkel und noch ein angeheuerter Schläger. Zwei von denen hatten Messer in der Hand und wollten ihn ganz eindeutig ein bisschen böse aufschlitzen. Da hatte er aber was gegen gehabt und floh daher in den hinteren Teil, um sich auch zu bewaffnen. Er fand dafür eine alte Feuer-Axt und die schnappte er sich dann, hob sie hoch über den Kopf und sagte sie sollten sofort verschwinden, sonst …! Machten die aber dann irgendwie nicht. Sein beheinter Onkel stürmte sogar noch aufgeheizt auf ihn zu und schrie irgendwas von wegen ihn endlich plattzumachen. Daraufhin riss Matschbirne entschlossen die Feuer-Axt hoch, der alte Metallkopf löste sich, flog in gerader Richtung los und spaltete einem Onkel sofort die Stirn. Daraufhin ging dieser unverrichteter Dinge zu Boden - und die restliche Gesellschaft löste sich dann wohl auch irgendwie schnell auf. Vor Gericht sagten die dann aber alle geschlossen aus, sie hätten nur ein paar Spielsachen von der Jasmin holen wollen - und da sei er dann plötzlich mit der Feuer-Axt auf sie losgegangen! Bizarr mal wieder, apropos Realsatire …! Ob der Onkel das überlebt habe? Ja, so ungefähr … er sei aber danach plemplem geblieben bis zu seinem Tode. Die Frage, warum sich das so zugetragen hatte, blieb in weiten Teilen unbeantwortet. Wahrscheinlich wohl weil der Vater sich für seine Tochter immer was Besseres vorgestellt hatte. Und nun, wo sich der vorher so gediente Schwiegersohn ja leider beknackt gefahren hatte, war ja außer Frührente nichts mehr zu holen … Da hatte er vielleicht auch an die Lebensversicherung gedacht. Ich ließ es dabei bewenden und drängte zu weiteren Verwüstungen …
Auf dem Heimweg sagte er dann etwas erschöpft, er habe sich auch schon ein paar Mal gefragt. Warum ich eigentlich schon wieder so unglaublich rum nerve?! Und dann sei ihm eingefallen, dass ich ja immer noch unter den Schmerzmitteln stünde, und dass das dann schon auch so einiges ausmachte! Und er würde sich schon total drauf freuen, wie ich so wäre, wenn ich dann mal endlich clean wäre, also runter von den ganzen Drogen! Das wäre dann doch mal bestimmt total gechillt zur Abwechslung! Zum Abschied von ihm gönnte ich mir den Satz dann doch noch endlich: „Was glaubst Du eigentlich, was ich da einnehme?! Opium?! Ich nehme täglich drei Mal eine 300mg schwere „Ibuprofen akut“! Apothekenware ohne Rezept! Wie soll die mich bitte „drauf bringen“ und „wesensverändern“?! Was mich wirklich wesensverändert ist Unklarheit und Blödheit! Da werd ich nämlich zum Tier irgendwann! Und jetzt geh ich dann mal hinter Dir putzen!“
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